Mensch
Kenner der KWO-Unterwelt, Naturgefahrenspezialist und Autodidakt
Seit mehr als drei Jahrzehnten ist Bauführer Daniel Bürki in den Stollen und Rohren, Gräben Fassungen und Stauseen der KWO unterwegs. Wie er dabei zum Naturgefahrenexperten wurde, was ihm heute noch Herzklopfen bereitet und wo er im KWO-Gebiet dem Himmel besonders nahe ist.
19.12.2025 Autor:in – Heidi Schwaiger
Du warst während 30 Jahren Leiter der KWO-Baugruppe. Gibt es eigentlich einen Ort im KWO-Gebiet, an dem du noch nicht warst?
Ja, im Umleitstollen der Spittallamm-Staumauer. Sonst war ich überall, da Kontrollen ausgeführt wurden oder die Baugruppe immer vor Ort war, wenn die Leitungen Systeme leer waren. Wenn man mich in einem der Tunnel und Stollen im KWO-Gebiet aussetzen würde, fände ich wahrscheinlich den Ausgang. (lacht)
Seit März 2023 bist du bei der KWO Leiter Planung Unterhalt und zugleich Leiter der Fachgruppe Fels Wasser Eis. Was muss man sich darunter vorstellen?
In meiner neuen Funktion bin ich nun mehrheitlich im Büro und plane gemeinsam mit einem Ingenieur die absehbaren, kleineren ober- und unterirdischen Unterhaltsarbeiten. Zur Fachperson für Naturgefahren wurde ich bei der KWO im Laufe der Zeit – das hat sich so ergeben, auch weil mich das Thema sehr interessiert.
Was fasziniert dich daran?
Wenn man in Guttannen lebt, setzt man sich zwangsläufig mit Naturgefahren wie Stein- und Felsschlag, Lawinen, Murgängen und Hochwasser auseinander. Prägende Ereignisse waren für mich der Lawinenwinter 1999, der Murgang Rotlouwi 2005 sowie die Murgänge im Spreitgraben. Mich interessiert: Wie kann der Mensch mit der Natur unterwegs sein? Die meisten Inputs habe ich während meiner Zeit bei der Baugruppe der KWO erhalten; ich musste mich dabei fast zwangsläufig mit Naturgefahren auseinandersetzen. Parallel dazu habe ich mir durch Austausch mit Experten, Kurse, und Literatur Wissen angeeignet.
Du bist also zu einer Art Hobby-Geologen geworden?
Ja, auf gewisse Art. Wobei ich von Geologie nicht so viel verstehe. Ich kenne einfach die Herausforderungen, vor denen die KWO immer wieder steht. Bei der Entleerung des Grimselsees war ich beispielsweise für die konzeptionelle Sicherheit der Bauleute in Bezug auf Lawinen zuständig. Aktuell kümmere ich mich zusammen mit meinem Team um die Reparatur der Wasserfassung Rotlouwi, die aufgrund eines erneuten Murgangs beschädigt ist.
Stellst du seit deiner Zeit bei der KWO Veränderungen in Bezug auf Naturgefahren fest?
Der Klimawandel führt zu vermehrten Starkniederschlägen sowie zum Auftauen des Permafrostes und damit teilweise zu häufigeren Ereignissen wie Felsstürzen und Murgängen. Auch die Unterhaltsarbeiten sind schwieriger geworden – gewisse Bäche versiegen nun erst im Dezember und nicht mehr im Oktober oder November. Gleichzeitig ist die Gesellschaft sensibler geworden; der Druck, beispielsweise Verkehrswege stets offen zu halten, ist gestiegen.
Wie geht die KWO mit den Herausforderungen um?
Wir ziehen alle Aspekte des Klimawandels im Unterhalt und in neue Projekte mit ein. Wasser ist der Betriebsstoff der KWO. Unser Ziel ist es, multifunktionale robuste Anlagen zu betreiben und zu bauen, die in erster Linie der Stromgewinnung dienen. Daneben könnten Hochwasserrückhalt und Bewässerung in der Zukunft Handlungsfelder sein.
Gibt es für dich als Routinier noch Ereignisse, bei denen dein Puls schneller geht?
Bei Hochwasser oder grossen Murgängen auf jeden Fall. Oder wenn ich 120 Meter in ein Wasserschloss abgeseilt werde. Da bin ich jeweils froh, wenn ich wieder festen Boden unter den Füssen habe.
Wir ziehen alle Aspekte des Klimawandels im Unterhalt und in neue Projekte mit ein.
Daniel Bürki, Leiter Planung und Unterhalt & Fachgruppe Fels Wasser Eis
Was waren deine Highlights bei der KWO in den letzten 30 Jahren?
Die Grimselseeentleerung ist ganz klar ein Höhepunkt. Bei über 20'000 Arbeitsstunden gab es keinen Unfall. Auch die Oberaarseeentleerung 2004 war ein Erlebnis, das mir gut in Erinnerung ist – wir schliefen im Hospiz und nahmen am Morgen und am Abend die Oberaarbahn, um zum See und wieder zurück zu gelangen.
Beim Neubau der Spitallamm-Staumauer warst du als Fotograf engagiert. Wie kam das?
Ich fotografiere privat gerne und habe unseren CEO gefragt, ob ich die Baustelle fotografisch begleiten dürfe. So konnte ich während der Bauzeit immer wieder Momente, Stimmungen und Menschen einfangen, das war eine tolle Sache.
Hast du einen Lieblingsort an der Grimsel?
Ich bin sehr gerne im Unteraar- und Oberaargebiet. Der Himmel ist nah; die Weite, die Ruhe und die Landschaft dort sind einmalig.