
Mensch
Der Fischflüsterer der KWO
Matthias Meyer kümmert sich bei der Fachstelle Ökologie um den Schutz der Gewässer im KWO-Gebiet, speziell um gefährdete Fischarten wie die Seeforelle. Warum der 43-Jährige stets eine Wathose zur Hand hat, was er vom Fischen hält und warum er zum Fischlift in Fuhren eine besondere Beziehung hat.
10.09.2025 Autor:in – Heidi Schwaiger
«Hier kann ich manchmal den Nachwuchs der Seeforellen beobachten», sagt Matthias Meyer und zeigt auf eine seichte, ruhige Stelle am Ufer. Wir stehen beim Zusammenfluss von Urbachwasser und Aare in Innertkirchen, das KWO-Hauptgebäude ist nur wenige Schritte entfernt. Die gefährdete Fischart, die zum Laichen vom Brienzersee an ihren Herkunftsort im Gadmer- und Urbachwasser sowie in der Hasliaare wandert, ist regelmässiger Gast in den Bächen des KWO-Gebiets. Für Matthias Meyer ein Erfolg: «Die Seeforelle ist eine unserer wichtigsten Schlüsselarten. Rund 150 grosse Exemplare kehren jedes Jahr zum Laichen an ihre Geburtsorte zurück – und das bei intensiver Wassernutzung.» Der grosse Mann mit der bärigen Statur legte mit seiner Diplomarbeit zur Seeforelle im Brienzersee im Jahr 2010 den Grundstein für das Wissen über die «Königin der Fische» bei der KWO. «Vor zehn Jahren wussten wir nicht, wie gross die Bestände sind. Heute erkenne ich einzelne Tiere an ihren Punkten», sagt der 43-Jährige und zeigt auf seinem Handy Fischfotos von fix installierten Unterwasserkameras der KWO, die dem Monitoring dienen.

Die KWO ist langfristig nur dann glaubwürdig, wenn wir gute und wirksame Massnahmen umsetzen.
Matthias Meyer, Gewässerökologe KWO
Matthias Meyer ist stellvertretender Leiter der Fachstelle Ökologie, quasi der Naturschutzabteilung der KWO. Er erarbeitet Konzepte und begleitet deren Umsetzung, um sicherzustellen, dass die Gewässer und deren Bewohner durch Stromproduktion und Ausbauvorhaben möglichst wenig beeinflusst werden, optimalerweise sogar eine Verbesserung erfahren. Dafür steigt er immer wieder mal in einen Bach oder in ein Boot. «Im Sommer habe ich die Badehose griffbereit», sagt er und schmunzelt. Im Winterhalbjahr darf es dann auch ein wasserdichte Wathose sein, wenn er durch einen der kalten Bäche watet. Im Herbst 2024 hat er beispielsweise mitgeholfen, über 1000 Bachforellen aus der Hasliaare unterhalb des Grimselsees in Seitenbäche umzusiedeln – temporär, aufgrund der Seeentleerung. Ökologisch viel wichtiger sei, betont er, dass das trübstoffbelastete Wasser vom Räterichsbodensee durch das Kraftwerkssystem bis nach Innertkirchen abgeleitet und verdünnt wurde. Hierdurch würden die wertvollen Laichgründe der Seeforelle im Rahmen der Seeentleerung nicht tangiert. Diese Massnahme sei zwar von aussen kaum sichtbar, aber dennoch höchst effizient für den Artenschutz gewesen, erklärt der studierte Umweltplaner.

Die Expertise der Fachstelle ist auch ausserhalb der KWO gefragt: Matthias Meyer und sein Team sind regelmässig im Auftrag von kantonalen Behörden oder von Mitbewerbern unterwegs. «Unsere grosse Stärke ist, dass wir massgeschneiderte Lösungen anbieten können – innerhalb und ausserhalb der KWO.» Mit seiner «Sandwichposition» zwischen Schutz und Nutzen kann er gut leben. «Die KWO ist langfristig nur dann glaubwürdig, wenn wir gute und wirksame Massnahmen umsetzen», ist er überzeugt.
Im Sommer habe ich die Badehose griffbereit.
Matthias Meyer, Gewässerökologe KWO

Ein Highlight in seinen knapp 15 Jahren bei der KWO war die Planung des Fischlifts in Fuhren. Als «Jungökologe», wie er sagt, durfte Matthias Meyer alle ökologisch relevanten Komponenten des Lifts konzipieren – und hatte Herzklopfen, als ihn 2013 die erste Forelle nutzte. «Zu sehen, wie etwas funktioniert, das in der Planung herausfordernd war, ist ein toller Moment», sagt der gebürtige Deutsche, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Innertkirchen wohnt. Auch privat hält sich Matthias Meyer am liebsten an Gewässern auf und hält nach Fischen Ausschau: Seit seiner Kindheit ist er passionierter Angler, das Fliegenfischen hat es ihm besonders angetan. «Beim Fischen kann ich in der Natur sein und vollkommen abschalten. Wie viele Fische ich fange, ist nebensächlich», sagt er. Dass er dabei im Brienzersee auch mal eine Seeforelle am Haken hat, sieht er nicht als Widerspruch. Nur sein Chef sei davon nicht begeistert, fügt er augenzwinkernd hinzu. Für Matthias Meyer steht fest: Der Mensch ist Teil des Ökosystems. Daher ist es entscheidend, die Nutzung zu regeln – beim Fischen ebenso wie bei der Wasserkraft.