Technik
Höhenangst ist ein Fremdwort für ihn
05.12.2025 Author – Heidi Schwaiger
«30 Meter, 10 Meter, 1 Meter, Stopp!» Walter Schläppi lässt das Funkgerät los. Vom Dach der Seilbahn Handeck – Gerstenegg aus beobachtet er, wie diese an der letzten Stütze vor der Bergstation zum Stillstand kommt. Dann steigt er mit seinem Arbeitskollegen an übergrossen Metallkarabinern gesichert die Leiter hinauf zu den Zugseilrollen. «Diese Bahn ist eine der komfortabelsten für uns zum Arbeiten», erklärt der Seilbahnfachmann. Sobald die Sicherung der Bahn über Funk bestätigt wird, packt Walter Schläppi an: Gemeinsam mit seinem Kollegen wechselt er eine abgenützte Zugseilrolle mit Hilfe eines improvisierten Flaschenzugs aus. Hammerschläge füllen die herbstliche Grimselluft, Sprüche werden ausgeteilt, Lachen erklingt. Bald darauf klettert der 59-Jährige wieder hinunter auf das Dach der Gondel und gibt per Funk die Anweisung, zurück zur Talstation zu fahren.
Die Arbeit mit den Jungen macht mir grossen Spass
Walter Schläppi, Seilbahnfachmann
Seit 30 Jahren kümmert sich der gebürtige Guttanner um die Bahninfrastruktur der KWO und hält diese gemeinsam mit dem zehnköpfigen Bahnserviceteam in Schuss. «Unser oberstes Ziel ist ein sicherer Betrieb», so der Seilbahnfachmann. Die 18 KWO-Bahnanlagen, darunter acht öffentliche wie die Gelmer- oder die Triftbahn, werden von seiner Abteilung regelmässig revidiert und bei Defekten oder Störungen wieder zum Laufen gebracht. «Bei der KWO können wir die Arbeiten über das ganze Jahr verteilen, da wir nicht an kurze Revisionszeitfenster gebunden sind, wie das bei touristischen Bahnen sonst üblich ist», erklärt Walter Schläppi. Abwechslung sei also garantiert. Der KWO-Mitarbeiter ist ein grosser Fan von alten Standseilbahnen wie der Gelmerbahn oder der Reichenbachfallbahn, die ebenfalls von der KWO betreut wird. Hier sei vieles noch mechanisch und man könne sich ausmalen, wie es funktioniere. «Ich bin ein Tüftler und flicke privat vieles, was andere wegwerfen würden», verrät Walter Schläppi. Mit den Händen zu arbeiten ist sein Ding: Zuhause hat er eine CNC-Maschine, mit der er beispielsweise Schneidebretter mit eingelegten Holzmotiven herstellt.
Schneeräumungen und enge Schächte
Jeweils im Winter und Frühling erweitert sich das Aufgabengebiet des Seilbahnfachmanns. Als Stellvertreter des Lawinendienstverantwortlichen der KWO, Peter Schläppi, begleitet er unter anderem die Schneeräumung der teils ausgesetzten Oberaarstrasse. «Das ist sicher mein speziellster Arbeitsort», sagt der Haslitaler, der früher regelmässig Hoch- und Klettertouren unternommen hat. Verantwortung zu übernehmen störe ihn nicht. «Das ist das Salz in der Suppe», sagt er und lacht. Als Lehrlingsverantwortlicher betreut Walter Schläppi zwei Seilbahnmechatroniker bei der KWO und ist zudem Prüfungsexperte im SKZ in Meiringen. «Die Arbeit mit den Jungen macht mir grossen Spass», erklärt er. Generell schätze er die Kollegialität im Bahnserviceteam der KWO. Gerade bei speziellen Einsätzen wie einer Schachtbefahrung in engen Rohren sei es wichtig, sich aufeinander verlassen zu können. Höhen- oder Platzangst kenne er nicht, das sei wichtig in seinem Beruf. Während oder nach getaner Arbeit packt Walter Schläppi dann oftmals noch vor Ort seinen Laptop aus und verfasst Berichte oder gibt Bestellungen auf. «Obwohl viel mit den Händen gemacht wird, muss man in meinem Beruf auch digital unterwegs sein», erklärt er. «Das macht die Arbeit interessant.»