Bewilligungsverfahren für das Trift-Projekt verzögert

Trift-Talkessel-Speichersse-KWO

Im Juni 2023 hat sich der Grosse Rat des Kantons Bern deutlich für die Anpassung und Ergänzung der Gesamtkonzession der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) ausgesprochen. Der Entscheid bildet die gesetzliche Grundlage für den Neubau des Speichersees und Kraftwerks Trift im östlichen Berner Oberland. Nachdem die Referendumsfrist nach dem Entscheid des Grossen Rates ungenutzt verstrichen ist, schlagen die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva und der Grimselverein den Gerichtsweg ein und reichen Beschwerde gegen den Konzessionsentscheid ein. Die KWO nimmt den Entscheid mit grossem Bedauern zur Kenntnis und rechnet mit einer Verzögerung für die Realisierung des Ausbauprojektes von mindestens zwei Jahren. Mit dem Triftprojekt entsteht ein grosser Energiespeicher – vor allem für die Stromproduktion im Winter. Grosse Wasserkraftanlagen sorgen zudem mit wichtigen, sogenannten Systemdienstleistungen für die Stabilisierung des Stromnetzes. 

Das Projekt der KWO «Neubau Speichersee und Kraftwerk Trift» zählt zu den 15 vom «Runden Tisch Wasserkraft» identifizierten Projekten, welche energetisch am meistversprechenden sind und gleichzeitig mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Biodiversität und Landschaft umgesetzt werden können. Das Trift-Projekt fungiert ganz oben auf dieser Liste und ist in der Planung bereits weit fortgeschritten. Der Bund hat zum Ziel, unter anderem bis 2040 mit dem Zubau von Wasserkraft 2 TWh zusätzlichen Winterstrom zu generieren, um die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu stärken. Hierzu und auch zur angestrebten Energiewende leistet das Projekt «Neubau Speichersee und Kraftwerk Trift» einen essenziellen Beitrag. Im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, dem sogenannten Energie-Mantelerlass, welcher vom Parlament im Herbst 2023 verabschiedet wurde, ist zudem festgehalten, dass die Wasserkraft den grössten Anteil am Ausbau der einheimischen Energien haben soll. Damit Ausbauprojekte schneller realisiert werden können, sollen zudem die Verfahren beschleunigt werden. Das Interesse an einer Realisierung geht anderen Interessen von nationaler Bedeutung grundsätzlich vor.

Beschwerden sind die Regel, die Planung ist schwierig

Daniel Fischlin, CEO der KWO, nimmt die Beschwerde der beiden Organisationen Aqua Viva und Grimselverein zur Kenntnis. «Ich bedaure sehr, dass Beschwerde eingereicht wurde, aber sie kommt für mich leider nicht überraschend», meint er. Man lebe als Kraftwerksbetreiber bereits seit langem mit diesen Verzögerungen. Sie machten die Planung sehr anspruchsvoll. Zudem stünden die Beschwerden der Umweltverbände diametral zur Stossrichtung von Parlament und Bundesrat, welche den Zubau erneuerbarer Energien beschleunigen und die Verfahren verkürzen möchten, so Fischlin weiter. «Das Triftprojekt ist ein wichtiger Energiespeicher für den Winter. Und wie unsere anderen, grossen Wasserkraftanlagen wird auch die Trift die Versorgungssicherheit in der Schweiz verbessern und dank sogenannter Systemdienstleistungen zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen», ergänzt Fischlin.

Partizipativer Prozess mit Umweltschutzverbänden

Bei der Erarbeitung der Konzessionsunterlagen hat die KWO damals in einem breitangelegten Begleitprozess verschiedene Interessengruppen miteinbezogen, dazu zählten die grossen Umweltverbände Pro Natura, WWF, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, der Schweizerische Alpenclub SAC, der kantonale Fischereiverband und die Gemeinden in der Region. Gemeinsam einigte man sich damals auf umfangreiche ökologische Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen. Der Grimselverein und die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva haben damals bewusst auf eine Teilnahme am Begleitprozess verzichtet. Aqua Viva verfügt als nationale Organisation über ein Verbandsbeschwerderecht. Damit hat die Organisation die Möglichkeit, die Beschwerde gegen die Konzession bis vor Bundesgericht zu ziehen. Die KWO rechnet für diesen Fall mit einer Verzögerung des Bewilligungsverfahrens von mindestens drei bis vier Jahren.  

Bereits Richtplananpassung brachte Verzögerung von zweieinhalb Jahren

Vor sechs Jahren, im November 2017, reichte die KWO die erarbeiteten Konzessionsunterlagen bei den Behörden ein. Ende 2020, unmittelbar vor der Abstimmung im Grossen Rat über die Erweiterung der Konzession für die KWO, wurde das Konzessionsverfahren unvermittelt sistiert, weil das Bundesgericht einen Entscheid zur Grimselseevergrösserung gefällt hatte, welcher auch das Triftprojekt tangierte. Laut Bundesgericht fehlte eine definitive Festsetzung der Projekte Grimselsee und Trift im kantonalen Richtplan. Dies holte der bernische Regierungsrat nach. Der Regierungsrat gewichtete in der Richtplananpassung die erheblichen energiewirtschaftlichen und klimapolitischen Interessen bei beiden Projekten, Grimselsee und Trift, insgesamt höher als die entgegenstehenden Schutzinteressen. Im Februar 2023 genehmigte der Regierungsrat erneut die Anpassung und Erweiterung der Gesamtkonzession für die KWO und überwies das Geschäft erneut an den bernischen Grossen Rat. Dieser steht insgesamt hinter dem Projekt, wie der deutliche Parlamentsentscheid (139 zu 3 Stimmen) von Juni zeigte.

Trift-Projekt wichtig für kantonale und nationale Energiestrategien

Gemäss Wassernutzungsstrategie des Kantons Bern soll die Stromproduktion aus Wasserkraft bis 2035 um 300 GWh erhöht werden. Allein das Kraftwerk Trift würde rund die Hälfte des angestrebten Ausbauziels abdecken. Es leistet einen massgeblichen Beitrag, um die Stabilität des Netzes zu gewährleisten und trägt zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes und jener des Kantons Bern bei.

Mehr Winterstrom und mehr Speicherkapazität

Durch den Bau der Staumauer an der Trift und des neuen Kraftwerks können 145 GWh zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energien produziert werden. Vor allem aber lassen sich weitere 215 GWh Energie speichern. Das bedeutet, die KWO kann das anfallende Wasser vor allem im Winter nutzen, wenn Strom hierzulande knapp ist. Bereits heute wird das Wasser der Trift im Kraftwerkssystem der KWO gefasst und für die Stromproduktion genutzt. Ein Ausbau der Trift mit Staumauer und Kraftwerk ist eine naheliegende und sinnvolle Ergänzung der bereits bestehenden Kraftwerksanlagen. Mit der Realisierung des Trift-Projekts kann die KWO das Speichervolumen in ihrem System um das Anderthalbfache von heute 195 auf rund 280 Millionen Kubikmeter steigern. Es entstehen so wichtige Winterstromreserven für die Versorgungssicherheit in der Schweiz.

Insgesamt belaufen sich die Investitionskosten für das Trift-Projekt auf rund 450 Millionen Franken. Diese Kostenschätzung basiert auf dem aktuellen Planungsstand für das Konzessionsprojekt. Die KWO rechnet für den «Neubau Speichersee und Kraftwerk Trift» mit einer Bauzeit von rund acht Jahren. 

Timeline Bewilligungsprozess Trift

  • 2013 – 2017 Erarbeitung des Konzessionsgesuchs mit aktiver Beteiligung von Umweltverbänden und weiteren Stakeholdern aus der Region
  • 14. November 2017 Einreichung des Konzessionsgesuchs bei der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern
  • 2020 Berner Regierungsrat heisst Antrag auf Konzessionsänderung gut und überweist diesen an den Grossen Rat
  • Ende 2020 Bundesgerichtsentscheid: Projekte Vergrösserung Grimselsee und Trift müssen zuerst im kantonalen Richtplan festgesetzt werden, Konzessionsgesuch der KWO wird sistiert
  • Ende 2022 Regierungsrat hat Richtplanänderung vorgenommen, Trift-Projekt und Vergrösserung Grimselsee auf den Koordinationsstand «Festsetzung» angepasst
  • Anfang 2023 Konzessionsverfahren für das Trift-Projekt wird wieder aufgenommen
  • Februar 2023 Berner Regierungsrat heisst Antrag auf Konzessionsänderung erneut gut und überweist das Geschäft an den Grossen Rat
  • Juni 2023 Grosser Rat heisst Konzessionsänderung mit 139 zu 3 Stimmen gut
  • September 2023 Schweizer Parlament verabschiedet das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, den sogenannten Mantelerlasses
  • November 2023 Referendumsfrist für Konzessionsänderung läuft ungenutzt ab
  • Dezember 2023 Der Grimselverein und die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva reichen beim bernischen Verwaltungsgericht Beschwerde gegen Konzessionsentscheid ein

 

Weitere Informationen:
KWO, Kraftwerke Oberhasli AG
Thomas Huber, Leiter Kommunikation
3862 Innertkirchen
+41 33 982 20 60
thomas.huber@kwo.ch
www.grimselstrom.ch

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